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Offline – mein neuer Luxus

  • Autorenbild: Frank Hartmann
    Frank Hartmann
  • 16. Apr.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 6 Tagen


Wie ich spürte, dass mein Körper einen Reset machte

Es war während meines letzten Urlaubs mitten im Dschungel von Guadeloupe, als ich in einer traditionellen kreolischen Hütte ohne Fensterscheiben schlief. Die Natur wuchs buchstäblich in die Küche hinein, und nachts begleiteten mich das Rauschen der Bananenblätter und das Zirpen der Pfeiffrösche in den Schlaf. Bereits beim allerersten Schritt in diese üppige Vegetation spürte ich, wie mein inneres System von gefühlten 380 km/h auf der Überholspur, mit einem tiefen, sanften Bass wie mit einem Fahrstuhl ins Erdgeschoss fuhr. Zurück auf den Boden der Tatsachen – zu einem wirklich geerdeten Nervensystem. Ich spürte, wie sich alles in mir in Balance auspendelte. Erstaunlich war, dass mir zuvor gar nicht bewusst war, wie schnell ich zu Hause durch meinen Alltag raste. Die Geschwindigkeit, mit der ich Dinge erledigte und Termine abhakte, erschien mir in meinem normalen Umfeld völlig selbstverständlich. Doch umgeben von den satten Farben, dem natürlichen Licht und den Geräuschen der Natur bemerkte ich etwas wirklich Verbindendes: dieses Gefühl, mit mir im Einklang zu sein.


Der Dschungel bot mir eine atemberaubende Kulisse

Ich badete in natürlichen Schwimmbassins, gespeist von frischen Quellen und Wasserfällen, lief barfuß über weiche, schwarze Erde, atmete die warme, gefilterte Luft der Pflanzen, wachte mit dem ersten Sonnenlicht auf und ging mit den Sternen am dunklen Nachthimmel zu Bett. Das führte zu dem besten 8-Stunden-Schlaf, an den ich mich aktuell erinnere – ich erwachte erholt wie schon lange nicht mehr. Vollständig regeneriert und voller Energie war ich bereit für den Tag. Doch der Dschungel offenbarte mir auch eine schlichte Wahrheit: dass ich all das in meinem Alltag viel zu selten habe. Die ständige Präsenz der Natur gab mir das Gefühl, energetischer, achtsamer und ausgeglichener zu sein.


Ich spürte das wunderbare Gefühl von JOMO – the Joy of Missing Out.


Image credits: Kathrin Eugen
Image credits: Kathrin Eugen

Weniger Bildschirm, mehr Sein

Der regelmäßige Blick aufs Handy – für Nachrichten oder einfach nur, um die Uhrzeit abzulesen – ist im Urlaub (hoffentlich bei uns allen) reduziert. Ich bemerkte, wie wohltuend es war, nicht wie im Alltag ständig von Bildschirmen umgeben zu sein. Keine Werbung auf digitalen Displays, kein künstliches Licht bunter Neonröhren, kein Zivilisationslärm von Fahrzeugen, Fernsehern, Lautsprechern oder Geräten aller Art – selbst die morgendliche Kaffeemaschine wurde durch eine French Press ersetzt, die nur durch einen sanften Händedruck, begleitet von einem leisen Blubbern, köstlichen Kaffee zubereitete.

Die Online-Welt

In unserer heutigen Realität, in der Online-Calls, Online-Präsentationen, Online-Shopping, Smart-Home-Systeme und ständige Erreichbarkeit zur Norm geworden sind, fällt es uns schwer, wirklich abzuschalten.


Nicht nur Erwachsene, die sich dieses Phänomens bewusst sind, sondern auch Kinder und Jugendliche leiden zunehmend unter der Abhängigkeit von Bildschirmen. Aktuell führen viele Schulen – im Ausland und zunehmend auch in Deutschland – Handyverbote ein, um dem ständigen Online mit einem bewussten Offline im Klassenzimmer entgegenzuwirken. Es ist bekannt, dass viele Zivilisationskrankheiten auf einem übersteuerten Nervensystem beruhen. Stress und die Schnelllebigkeit der heutigen Zeit überfordern uns. Unsere neurobiologischen Schutzmechanismen befinden sich noch auf dem Stand des Reptiliengehirns von vor Millionen Jahren: Bei Stress wird der Sympathikus aktiviert – jener Teil des Nervensystems, der für Kampf oder Flucht zuständig ist. Der Parasympathikus hingegen sorgt für Entspannung und eine gesunde Verdauung.


Wie bei allem im Leben ist Ausgewogenheit der Schlüssel zur Gesundheit. Doch das Nervensystem der meisten Menschen befindet sich auf Wolkenkratzer-Niveau – anstatt im Erdgeschoss auf natürlichem Boden. Unsere Basis ist, mal mehr, mal weniger, in permanenter Anspannung – im ständigen Kampf- oder Fluchtmodus. Der tägliche Stress, dem unser Körper ausgesetzt ist, überfordert uns zunehmend – mental wie körperlich.


Ein Weg aus dem digitalen Overload

Nicht jede*r von uns kann einmal um die Welt reisen, um im Dschungel neue Kraft zu tanken. Doch wie können wir den Luxus des Offline-Seins trotzdem erleben?


Bewusstes Atmen und ein Grashalm zwischen den Zehen


Bewusstes Atmen und der eine oder andere Moment barfuß auf natürlichem Untergrund bieten sowohl körperliche als auch mentale Vorteile. Der direkte Kontakt mit der Erde hat eine nachweislich beruhigende Wirkung auf unser Nervensystem.



 

Studien zeigen: Barfußlaufen kann den Cortisolspiegel senken, Ängste reduzieren und ein Gefühl von Wohlbefinden fördern. Die Praxis der Erdung hilft, das vegetative Nervensystem auszugleichen und tiefe Entspannung zu ermöglichen.


Aktivierung der Fußsohlen und sensorische Wahrnehmung

Unsere Fußsohlen sind mit über 72.000 Nervenenden ausgestattet, die bei jedem Schritt aktiviert werden. Diese sensorische Stimulation wird besonders beim Barfußlaufen verbessert. Die Weiterleitung von vielen Reizen an das Gehirn stärkt das Nervensystem. Durch das direkte Spüren des Untergrunds wird das Körperbewusstsein geschärft, was zu einer verbesserten Balance und einer natürlicheren Bewegungsweise führt. Das Barfußlaufen verbessert die komplette Körperwahrnehmung und die Rückgewinnung von sensorischem Input, was zu entsprechenden neuronalen Verbindungen im Gehirn führt.


Achtsamkeit und Körperbewusstsein

Durch das Barfußlaufen nehmen wir den Untergrund stärker wahr. Diese erhöhte sensorische Wahrnehmung fördert das Körperbewusstsein und hilft, die Verbindung zwischen Körper und Geist zu stärken. Feinmotorik und Gleichgewicht werden verbessert. Deshalb werden auch einige Sportarten wie das Tanzen, Yoga oder fernöstliche Kampfsportarten barfuß ausgeführt.


Barfußgehen erfordert Achtsamkeit, da wir unsere Aufmerksamkeit auf jeden Schritt richten müssen. Das bewusste Spüren des Untergrunds unter unseren Füßen fördert innere Ruhe und hilft uns, den Moment jedes einzelnen Schrittes wirklich zu erleben. Barfußlaufen ist eine einfache und natürliche Möglichkeit, Achtsamkeit zu praktizieren und das eigene Körperbewusstsein zu stärken. Es fördert nicht nur die physische Gesundheit, sondern auch die mentale Ausgeglichenheit.

Im Einklang mit dem Atem – Auch bewusstes Atmen ist ein Schlüssel zur inneren Balance. Wer seine Atemfrequenz reduziert, kann das Nervensystem positiv beeinflussen. Untersuchungen zeigen: Etwa sechs Atemzüge pro Minute sind optimal, um Stress abzubauen und das allgemeineWohlbefinden zu steigern.

Hole Dir Deinen eigenen Dschungel in den Alltag

Durch bewusste, kleine Auszeiten im Alltag können wir einen ähnlichen Zustand von Ruhe und Erdung erreichen. Oft genügt schon ein bewusster Atemzug oder ein paar Barfußschritte auf Gras, Waldboden oder Sand, um uns wieder zu spüren. Und ja, ich weiß – es ist herrlich widersprüchlich, dass dieser Artikel online veröffentlicht ist…


Aber: Offline-Momente sind kein Luxus für wenige, sondern ein Geschenk, das wir uns alle machen sollten. Der bewusste Verzicht auf digitale Reize kann wahre Wunder für Körper und Geist bewirken – jeden Tag, Schritt für Schritt, Atemzug für Atemzug. Und vielleicht fängt Dein Luxus genau jetzt an:

Bildschirm aus – Socken aus – atme ein – atme aus …

Autorin: Kathrin Eugen, BreathQ® Coach, Wim Hof Method Instructor, YOGABODY® Breath Coach


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